Freiheit
Hast du einmal ihr
Antlitz erkannt
Dann ist für dich nie
mehr jemand verdammt
Du weisst wer sie ist
weil du sie vermisst
Und immer und immer
wieder vergisst
Sie ist dir ganz nah
und immer bereit
Dich zu erheben indem
sie befreit
Aus Schlamassel und
Qual aus Enge und Not
Und wäre sie nicht dann
wärest du tot
Nun hast du aber Sinne
und Sinn
Hat dein Leben ihr zum
Gewinn
Sprich ihren Namen und
sei bereit
Sie zu benennen als
deine Leerheit
Sie ist es für alle und
ist es für dich
Sie ist es für alle und
so auch für mich
An ihrem Busen darf ich
mich laben
Und mich erfreun an all
ihren Gaben
Sie ist es die leise zu mir spricht
Und manchmal mich fordernd fast zerbricht
Sie lächelt mir freundlich
ins Gesicht
Wenn ich mich
verzweifelnd seh im Gericht
Sie spricht mich eins
und macht mich frei
Wenn ich mich von allem
was da ist entzwei
Sie führt mich zur
Einheit mit Vater und Sohn
Und schenkt mir
gnadenhaft himmlischen Lohn
So kann ich ganz neu im
Leben stehn
Und all meine Schulden
und Ängste verwehn
Während ich kraftvoll
lebend im Sein
Von mir tu allen Trug
und allen Schein
Sie alleine ist ganz
wahr
Und macht alles Leben
licht und klar
Sie ist keine Göttin
nein das nicht
Und wäre sie es ich
kennte sie nicht
Sie ist des sei dir
gewiss dein Du
In ihr in dir findest
du Ruh
Da bist du alles und
bist nichts
Und als dieses Kind des
Lichts
Hast du einmal ihr
Antlitz erkannt
Dann ist für dich nie
mehr jemand verdammt
Du weisst wer sie ist
weil du sie vermisst
Und immer und immer
wieder vergisst
„Der grösste Fehler unerfahrener Krieger
ist, dass sie bereit sind, die Wunder dessen, was sie sehen, zu vergessen. Sie
sind überwältigt von der Tatsache, dass sie sehen, und glauben, es sei ihr
Genie, worauf es ankommt. Ein unerfahrener Krieger muss ein Muster an
Disziplin sein, um die nahezu unüberwindliche Schlaffheit unserer menschlichen
Kondition zu besiegen. Wichtiger als das Sehen selbst ist, was die Krieger
daraus machen, was sie sehen.“
(Nagual)
Nicht Haben oder
Sein oder Nichtsein ist hier die Frage liegt im Fluss der Dinge die Antwort
dann fliesse und fliessend entfalte den Geist über die Erde meditierend im
Körper ruhend achtsam atmend aus und ein und aus und ein und aus und einfach
fliessend um Hindernisse herum tanzend und schwebend fliegen und niederstürzen
in den Fluss der Dinge und mitfliessen mit dem Strom des Gesetzes der Wahrheit
Gesetz fragt nicht nach Menschengesetz richte nicht dich noch andere denn
Gesetz ist Gesetz und Menschenurteil ist unvollkommen und fehlerhaft anmassend
arrogant und selbstgefällig bestimmt von egoistischer Gier und Hass und
Verblendung verurteilendes Vorurteil weil es den ewigen Gesetzen der Wahrheit
vorgreift und nicht begreift dass die einzig echte und höchste Wahrheit geistig
ist und nicht menschliches Wirken ob wir so glauben oder nicht ändert daran
nichts aber ob wir Glaube haben oder nicht verändert alles und jedes und jede
und jeder erlebt die Macht der Wahrheit des geistigen Gesetzes der sich darauf
einlässt sein Vertrauen nicht der vordergründigen Welt mit ihren Wesen aber
durch diese hindurch der hohen geistigen Macht hinter ihnen zu schenken ist
edle Menschlichkeit in der Welt doch nicht von der Welt ist der edle Mensch
unabhängig von Verehrung und Verachtung von Lob und Tadel von Gewinn und
Verlust von Glück und Unglück und alles dies ist ihm gleich gültig aber nicht
gleichgültig verweilt er im Gleichmut hinsichtlich alles Weltlichen und er
erfährt sein Dasein nicht als Lust oder Last sondern als immerwährende
Herausforderung ist niemals gut oder schlecht und wer sie wirklich annimmt wird
in der Welt dadurch gewinnen oder verlieren aber im Geiste so oder so
entfaltend welttransformierende
Bewusstheit zeit lose Unendlichkeiten wahrnehmend verwirklichend hohen Frieden
und höchste Freiheit nicht nach dem Tode oder in irgendeiner jenseitigen Welt
sondern hier in dieser unserer Menschenwelt und jetzt ja ganz genau jetzt in
genau diesem Moment in dem du ja tatsächlich du bist gemeint bist wirklich du
der oder die du gerade jetzt dies hier liest hast die Wahl und die Macht Friede
und Freiheit wahrnehmend dein Bewusstsein unendlich zu entfalten und das Erleben
deines Daseins als ekstatisches Fest endlich zuzulassen dass es geschieht dass
die Macht die nicht die deine ist die aber wunderbar kraftvoll durch dich
fliesst und wirkt sobald du deinen Widerstand aufgibst und dich hingibst dich
vollständig befriedet und befreit hier und jetzt.
Wenn du erkennen lernst, dass Gier und Hass
Gefangenschaft und Sklaverei bedeuten, dass sowohl der Gier Verlockungen wie
auch des Hasses Verurteilungen eben die Stimmen sind, die dich zum Sturz in den
Abgrund motivieren wollen, dann wird es für dich Zeit, dich von ihnen
abzukehren, dich vom Abgrund wegzuwenden, denn, wie Friedrich Nietzsche
schrieb: „Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in
dich hinein.“
Und Gier und Hass werden sich mit dem
Hineinblicken nicht zufrieden geben, sie werden tief in dich eindringen und in
deinem Herzen Wohnsitz nehmen. Willst du das? Denkst du wirklich, damit könnest
du irgendetwas erreichen, etwas, das dir Frieden und Freiheit zu schenken
vermöchte?
Also wende dich weg vom Abgrund und richte
deinen Blick auf ein anderes Antlitz, das Antlitz der Freiheit, und wenn du es
noch nicht zu sehen, vielleicht noch nicht einmal zu ahnen und zu denken
vermagst, dann mache dich auf den Weg und suche es. Wer sucht, der findet.
Eines darfst du mit Sicherheit wissen: Hast
du einmal ihr Antlitz erkannt, dann ist für dich niemals mehr jemand verdammt.
Weder wirst du dich selber dann noch für irgendetwas verurteilen und
verdammen, noch wirst du dies mit deinem Mitmenschen tun.
Du weisst nicht, wo du sie suchen sollst?
Aber du weisst wer sie ist, weil du sie vermisst. Ja, fühle und schaue tief in
dein Herz hinein, denn genau dort, in dieser Empfindung des Vermissens wirst du
sie finden können. Dort ist ihr Zuhause, dort wartet sie darauf, von dir gefunden,
von dir entdeckt zu werden.
Und eigentlich weisst du das bereits, tief
in dir drinnen weisst du das, nur leider ist es so, dass, sobald du die
Freiheit zu ahnen beginnst, die eine der beiden Abgründigen, die Gier, dir dann
etwas anders vorzugaukeln versteht, das dir angeblich fehlen soll. Schon fällst
du auf ihre Lüge herein und rennst diesem mehr oder weniger wertlosen Etwas
nach, und immer und immer wieder vergisst du auf diese Weise sogleich, was du
kurz zuvor als Ahnung bereits gefunden hattest.
Doch sie verlässt dich nicht, wenn auch ihr
Antlitz immer wieder deinem Blick entschwindet und sich hinter den Mangel
zurückzieht, der durch die vergänglichen Dinge, von denen du dich verführen
lässt, niemals befriedigt und überwunden werden kann. Es ist und bleibt
unverbrüchlich wahr: Sie ist dir ganz nah, und immer bereit dich zu erheben,
indem sie befreit aus Schlamassel und Qual, aus Enge und Not, und wäre sie
nicht, dann wärest du tot.
Ja, so ist es: Du wärest tot. Ohne sie in
deinem tiefsten Innern könntest du nicht leben, denn sie ist es, die dir
Bewegung ermöglicht und Entscheidungen. Wäre sie, wenn auch noch so klein und
schwach, nicht dein innerster Kern, dann wären sowohl dein Geist wie auch dein
Körper vollständig starr, eben: tot.
Nun
hast du aber Sinne, durch die du Geistiges und Körperliches erlebst, deshalb
weisst du, dass du nicht tot bist, dass du lebst, und Sinn hat dein Leben ihr
zum Gewinn. Deshalb rate ich dir: Sprich ihren Namen und sei bereit, sie zu
benennen als deine Leerheit! Sie ist es für alle und ist es für dich.
Sie ist es für alle und so auch für mich. Es
ist eine lange Zeit her, dass sich mir ihr leuchtendes Antlitz offenbart und
sie mich auf diese Weise sprichwörtlich geboren hat. Sie sagte, ich sei ihr Ewigkind,
und sie nannte mich Uodal. Es war das Jahr 1981, seither lebe ich hier auf
unserem Planeten, der wunderschönen und ebenso abgründig schrecklichen Mutter
Erde.
Als Baby-Ewigkind erlebte ich ihre, der
Freiheit, unergründliche und unerschöpfliche Güte, und ich wusste instinktiv:
An ihrem Busen darf ich mich laben und mich erfreuen an all ihren Gaben.
Mit dem Älterwerden aber bekam ich oft auch
Streit mit ihr, wie es sich wohl so ereignet in den Zeiten der Pubertät, wenn
der jugendliche Himmelstürmer unter Freiheit versteht, alles habe sich seinem
Willen zu fügen.
Hier jedoch, so erkannte schliesslich der
Erwachsene, hier in dieser zeitlichen Begegnungswelt, hier ist die Freiheit
niemals grenzenlos, sondern setzt Schranken, Schranken der Pflicht. So lernte
ich: Sie ist es, die leise zu mir spricht, und manchmal mich fordernd fast
zerbricht. Und auch dies: Sie lächelt mir freundlich ins Gesicht, wenn ich
mich verzweifelnd sehe im Gericht.
Und mehr und mehr wurde ihr leuchtendes
Antlitz zum eigentlichen Hintergrund all meines Wirkens und Erlebens. Wie etwa
die Leinwand im Kino den Hintergrund bildet, auf welchem sich die Geschichte
darstellt. Und bald sah ich ihr Wirken an mir klar und deutlich: Sie spricht
mich eins und macht mich frei, wenn ich mich von allem was da ist entzwei.
Sie verbindet mich mit allem, was nicht ich
bin und sie führt mich zur Einheit mit Vater und Sohn, mich, die Gegenwart, mit
dem Vater, der Vergangenheit, und dem Sohn, der Zukunft. Auf diese Weise offenbart
sie mir immer wieder und immer neu die zeitlose Dimension der Existenz und
schenkt mir gnadenhaft himmlischen Lohn.
So kann ich ganz neu im Leben stehen und all
meine Schulden und Ängste verwehen, während ich kraftvoll lebend im Sein von
mir tue allen Trug und allen Schein. Ich weiss nun zweifelsfrei: Sie alleine
ist ganz wahr und macht alles Leben licht und klar.
Du fragst dich nun möglicherweise: Wovon
spricht der da? Ist Uodal ein religiöser oder esoterischer Schwärmer, oder was?
Ehrlich gesagt: Ich frage mich das manchmal selber. Aber eines bin ich mir
sicher: Sie, die Freiheit, sie ist keine Göttin, nein, das nicht, und wäre sie
es, ich kennte sie nicht. Ich kennte sie nicht, weil ich schlicht keine Götter
kenne, so leid es mir tut: Ich weiss nichts von Göttern, ausser allenfalls wenn
ich sie als Symbole für psychische Prozesse, oder als Personifizierungen
solcher verstehe. Oder auch im Sinne von C.G. Jungs Archetypen. So mag es
gehen. Jedenfalls vermag ich sie nicht als von mir unabhängig bestehende
personale Wesenheiten zu erfassen. Da habe ich offensichtlich eine meiner
Begrenzungen.
Sie, die Freiheit, sie ist, des sei dir
gewiss, dein Du, oder eben, wie gesagt, irgendwie der Hintergrund, vor dem das
Du, dein Gegenüber, wer oder was auch immer es sei, dir zu erscheinen vermag.
So erlebe ich es.
Vor diesem Hintergrund, der Freiheit, vermöchten
mir wohl auch Götter zu erscheinen, aber wie gesagt, solches ist mir bisher
nicht widerfahren, weshalb ich dazu nichts weiter zu sagen vermag. Vielleicht
ergeht es dir hier anders, das kann sehr wohl sein, und wenn dem so sein
sollte, dann gönne ich dir dein diesbezügliches Erleben von Herzen.
Von meinem Erleben her kann ich dir zur
Freiheit nur dieses noch sagen: In ihr – in dir – findest du Ruh. Da bist du
alles und bist nichts und als dieses Kind des Lichts.
Und so komme ich nun hier am Ende dieses
Themas wieder zu dessen Anfang zurück, denn so geht das Leben: Entstehen,
vergehen, und neu erstehen. Vielleicht hast du nun mit meiner Unterstützung
einen kurzen Blick auf das Antlitz der Freiheit werfen können, wenn dem so sein
sollte, dann sage ich dir jetzt nur noch einmal dies: Hast du einmal ihr
Antlitz erkannt, dann ist für dich niemals mehr jemand verdammt. Du weisst wer
sie ist, weil du sie vermisst und immer und immer wieder vergisst.
Gräme dich nicht deswegen: Sie wird sich dir immer und immer wieder offenbaren und, obwohl dir ihr Antlitz auch immer wieder verborgen sein wird, werden sich die Sichtungen ansammeln, bis du sie, die Freiheit, dereinst nie mehr aus den Augen verlieren wirst.
Das Wesen der Freiheit zu erkennen, das
bedeutet frei zu werden von aller Bedrängnis und Bedrückung, von allen
bohrenden Fragen und Zweifeln. Hast du einmal das Antlitz der Freiheit
geschaut, dann hast du auch mit grosser Verwunderung festgestellt, dass du in
einen Spiegel geschaut und darin dein eigenes freies Wesen erblickt hast. In
dir selber erkennst du die Freiheit des Ganzen, die Freiheit des Seins.
Wie deine eigene kleine Existenz das Ganze
spiegelt, so spiegelt eine jede noch so kleine und unscheinbare Existenz das
Ganze, das Sein. Wie du dein eigenes Leben als frei erkennst in der Freiheit
des ganzen Seins, so auch erkennst du nunmehr jedes Leben als frei. Keine
Kluft, keinen Spalt gibt es zwischen sogenannt gläubigen und sogenannt
ungläubigen Menschen. Niemand und nichts wird in irgendeiner Weise verdammt
oder verurteilt. Die gesamte Existenz ist vollständig ineinander verwoben,
das eine vom andern abhängig, und kann frei sein in dem Masse, als die Abhängigkeiten,
also die bedingten Gesetzmässigkeiten der gemeinsamen Existenz, erkannt und
ihnen gemäss gelebt und gehandelt wird. Die Freiheit ist gegeben, sie ist die
eigentliche Wirklichkeit. Die Freiheit des Seins kannst du erleben, wenn du die
Gesetze des Seins erkennst, deinen Widerstand gegen sie aufgibst und sie zu
deinem und aller Nutzen und Heil anwendest.
Du vermisst etwas, irgendetwas mangelt dir.
Du empfindest diesen Mangel deutlich. Nun fülle den Mangel nicht auf mit
unnützem Quatsch, der niemals deinen Hunger, deinen Durst, endgültig zu stillen
vermag. Das Gefühl des Mangels, das Empfinden, etwas zu vermissen, dieses
Gefühl ist zutiefst echt. Aber nicht Äusserlichkeiten mangeln dir, nichts, das
dir die sechs Sinne zuführen könnten mangelt dir. Was du vermisst, das ist die
Freiheit. Sie ist dir verbaut gerade durch die Äusserlichkeiten, die du
begehrst und an denen du dich festhältst. Lass einfach los, lass es fallen all
dein ‚Ich‘ und ‚Mein‘ und sobald du dich losgelassen hast erlebst du Freiheit.
Immer wieder vergisst du die Wahrheit der
Selbstlosigkeit und gibst dich der Lüge der Selbstsucht hin. Weder für einen
Besitzer noch für einen Besitz kann es jemals Freiheit geben. Nur wo der
vermeintliche Anspruch auf Besitz (Haben) und Besitzer (Sein) aufgeben wird,
nur da kann Freiheit geschaut und erlebt werden. Doch immer und immer wieder
vergisst du dies und greifst nach Vergänglichem und Leidunterworfenem um
dadurch wiederum Mangel zu erleben. Fast scheint es, dass du dich grundsätzlich
mit dem Mangelerleben identifizierst und davon ausgehend lebst, dass ein freies
Menschenleben gar nicht möglich sei. Eine solche Ansicht ist wie ein riesiges
unüberwindliches Hindernis. Wenn du keine Zuversicht hast in die Freiheit, zumindest
als Möglichkeit menschlichen Seins, wie willst du dann Freiheit verwirklichen?
Hast du schon einmal, nur ein einziges Mal
und vielleicht nur einen ganz kurzen Moment und nur einen Schein von Freiheit
erkannt, dann halte dieses Erleben in der Erinnerung fest und binde deine
Zuversicht daran. So wird es möglich werden, die Freiheit des Seins nicht mehr
aus den Augen zu verlieren und die Freiheit wird aus ihnen leuchten.
Aus aller Bedrückung und Not kannst du
Befreiung erleben wenn du nur deine Existenz und das Leben überhaupt
wirklichkeitsgemäss anzuschauen lernst. Was ist Leiden? Was ist Leidfreiheit?
Was ist Gefangenschaft? Was ist Freiheit? Was ist Gesetz? Was ist Gnade? Prüfe
und erforsche das Leben! Die Freiheit ist da, auch wenn du sie noch nicht
erkennen kannst. Untersuche, was den Blick auf die Freiheit versperrt und räume
die Hindernisse aus dem Weg.
Wäre die Freiheit nicht die letztendliche
Realität des Seins, auch deines Seins, dann wärest du, obschon dein Körper
leben würde, geistig tot. Die Freiheit ist deine wahre Sehnsucht. Sie wird dir
offenbar in dem Ausmass, als du deine Sehnsüchte nicht mit Vergänglichem zu
stillen versuchst. Lass alles Vergängliche fahren und das Unvergängliche wird
sichtbar werden. Die Sehnsucht nach dem Ewigen ist dein Lebensdurst. Nur die
wahre Freiheit vermag ihn zu stillen.
Mit sechs Sinnen ist dein Körper
ausgestattet: den fünf körperlichen und dem geistigen Sinn. Durch diese sechs
Sinne erlebst du die Welt. Die Welt, das ist deine Erlebenswirklichkeit. Die
Welt wie du sie erlebst besteht mindestens zu fünfzig, wenn nicht gar zu hundert
Prozent aus deiner eigenen Wahrnehmung, deiner eigenen Einstellung zur Welt.
Je nachdem wie du in die Welt schaust, wie du sie interpretierend und wertend
wahrnimmst, schaut die Welt dich an. Die Welt wie du sie erlebst ist also nicht
so sehr ein objektives Ding ausserhalb deiner selbst, als vielmehr ein Spiegel
deines Herzens. Diese deine Erlebenswelt ist dein Leben.
Wenn du dein Leben als sinnvoll erleben
willst, dann sei bereit die Freiheit des Ewigen als wahren Sinn zu benennen und
Lebenssinn wird zum existenziellen Gewinn und du erlebst das Sein als frei. Am
Busen der Freiheit, am Schauen der Wirklichkeit wie sie ist dich labend
entstehen Freude und Gestilltheit als irdische Gaben der Schau der Freiheit.
Kein Mangelerleben mehr, nichts wird vermisst, alle Sehnsucht ist gestillt, für
diesen Augenblick. Du kannst dich jederzeit erinnern an diesen Augenblick und
immer wieder neu kannst du die Freiheit erleben. Der Weg dazu ist bereits
einmal oder mehrmals gegangen worden, nun kennst du die Wegzeichen und die
Raumzeit dieses Erlebens, nämlich das Hier und Jetzt.
Du kennst auch die Stimme deines Innern, die
leise zu dir spricht und dir Wegweisung gibt. „Meine Schafe hören meine Stimme,
und ich kenne sie, und sie folgen mir nach“, spricht der Christus, der Weg des
wahren Lebens. Je besser du die Stimme der Wahrheit in deinem Innern zu hören
verstehst und je weniger Widerstand du gegen sie aufwendest, umso freudvoller
und ruhiger kannst du deinen Weg des wahren Lebens gehen.
Aber dein besserwisserischer Verstand fordert
häufig etwas anderes als die Stimme der Wahrheit dir rät. Und daran drohst du
manchmal fast zu zerbrechen. An deiner Selbstsucht drohst du zu zerbrechen,
und an ihr kann man auch zerbrechen. Wenn du aber deinen Egoismus fahren lässt,
deine Ichzentriertheit zugunsten der Bewusstheit des Ganzen aufgibst, dann
erlebst du die Gesetze des Seins nicht mehr als dir feindlich gesinnt, sondern
als deine Freunde. „Seit ich nicht mehr mich selbst suche, führe ich das
glücklichste Leben, das es geben kann“, sagte Turgenjew. Nur im Sinn für das
Ganze kann auch dein Teil am Ganzen Sinn finden.
Der Kampf gegen das Leben, gegen die ‚Gesetze
Gottes‘, dieser Kampf verursacht dir selber und allen deinen Mitmenschen und
Mitwesen Leiden. Verzweifelnd siehst du dein Leiden als ‚Strafe Gottes‘ für
deine ‚Sünden‘. Die Sprache, die hier verwendet wird, ist überholt, nicht
unserer Zeit und Kultur angemessen. Die Wirklichkeit, die damit ausgedrückt
wird, die stimmt aber immer noch. Lerne zu unterscheiden zwischen Schmerz und
Leiden, es ist nicht dasselbe. Schmerz, das ist nach einem buddhistischen
Gleichnis der erste Pfeil, der dich trifft. Dass dieser Pfeil dich trifft, das
kannst du nicht verhindern. Schmerz ist ein Gefühlserleben, das der Existenz innewohnt.
Es gibt kein irdisches Leben ohne Schmerzerfahrung. Auch hierin zeigt sich
dein Widerstand gegen das Leben wie es ist, dass du den Schmerz ablehnst. Es
ist aber nicht möglich, nur Wohlgefühle zu erleben. Der Schmerz gehört genauso
zum Leben wie die Lust und alles Wohl. Die Ablehnung der Schmerzerfahrung, die
ist der zweite Pfeil, der dich trifft, und dieser zweite Pfeil verursacht dein
psychisches Leiden an der Schmerzerfahrung. Der erste Pfeil ist genug, der
zweite Pfeil muss nicht sein. Die Möglichkeit der Leidfreiheit lächelt dir
mitten in der Schmerzerfahrung freundlich ins Gesicht, und wenn du den zweiten
Pfeil nicht abschiesst, dann geschieht keine Verzweiflung, dann erlebst du die
Freiheit vom Leiden, auch inmitten von Schmerz.
Das Erleben von Leidfreiheit macht dich eins
mit allem Sein dadurch, dass jeder Widerstand gegen das Leben aufgehoben ist.
Es wird nicht Schmerz bekämpft und Wohl ersehnt. Wohl und Weh anzunehmen wie es
ist und wie und wann es kommt, das ist eine hohe Lebenskunst. Es ist möglich,
diese Lebenskunst zu erlernen.
Das neue Leben im Geist ist das Leben frei
von Schuld und Angst. Die Freiheit ist dir gegeben zu leben, auch mit Fehlern
und Irrtümern. Sprich weder dich selber noch andere schuldig, wenn sie irren
und Fehler machen. Schüre nicht irrationale Ängste durch Drohungen mit
Verlorenheit, Verdammnis und unaufhörlichen Höllenqualen. Erkenne das Leben
als ein Lernfeld. Nur wo kein Lernen stattfindet gibt es keine Irrtümer, gibt
es keine Fehler. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Wo gelebt wird, da wird
Wohl und Weh erzeugt.
Es ist genug, dass du auf die innere Stimme
der Wahrheit hörst, die Frieden, Liebe und Freiheit für alle Wesen möchte, auch
für dich, und wenn durch dein Gehen dieses Weges Schlimmes geschieht, für dich
selber oder für andere, dann vergib dir dieses Schlimme im Angesicht der
Wahrheit des Geschehenen. Es kann nichts rückgängig, kein Geschehen ungeschehen
gemacht werden, aber es kann in Aufrichtigkeit und Freiheit weitergegangen, weitergelebt
werden. Das tue.
Trug und Schein ist überall dort, wo Vergängliches
als unvergänglich, Leidunterworfenes als leidfrei und Selbstloses als Selbst
benannt wird. Das kraftvolle Leben in der Seinsrealität erkennt dagegen klar
Vergängliches als vergänglich, Leidunterworfenes als dem Leiden unterworfen und
Selbstloses als selbstlos. Das mag banal klingen, aber wenn du den Unterschied
dieser beiden Erlebensweisen zu erfahren beginnst, dann wird dir mehr und mehr
deutlich, wie gross die Kluft zwischen den beiden ist. Die eine Erlebensweise
leidet am Sein, die andere ist vom Leiden am Sein befreit. Aller Lebenstrug und
aller Lebensbetrug findet ein Ende, der Schein muss der Wirklichkeit weichen,
der Anschein von Leben dem wahren Leben.
Die Erkenntnis der Freiheit alles Existierenden
von einem Besitzer führt das Leben ins Licht und macht es leicht. Kein
Gegenstand und kein Lebewesen hat einen Besitzer. Somit ist auch kein Ding und
kein Wesen Besitz von jemandem, sei dieser Jemand menschlich oder göttlich
vorgestellt. Du bist frei insoweit, als du noch nicht einmal ein Ich als
Besitzer deines Erlebens dir vorstellst. Die Selbstsucht, die Ichbezogenheit
ist die grosse Illusion, der grösste Trug und Betrug am Leben. Es gibt kein
Ich, dem das Leben gehört, es gibt nur das Leben selbst und die Freiheit des
Seins.
Die Freiheit ist nun wiederum kein Gott,
keine Göttin, und wenn du die Freiheit des Seins auf diese Weise
personifizierst und zu einem Wesen oder Ding ‚an sich’ machst, dann bist du
bereits wieder in die alte Falle getappt. Es gibt kein Ding, auch kein Wesen an
sich, das von allen andern Dingen wie abgelöst wäre. Freiheit erleben kannst du
bedingt, nicht unbedingt. Die Bedingungen für das Erleben von Freiheit als
auch von Unfreiheit liegen einzig in deiner Wahrnehmung der Existenz.
Anerkennst und akzeptierst du die Gesetzmässigkeiten, dann ist Freiheit
möglich, sonst nicht.
Was auch immer dir gegenüber tritt, ob ein
Wesen oder eine Sache, das ist deine Freiheit. Dein Nächster, das Du, ist das
Tor zu deiner Freiheit. Erkenne ihn und nimm ihn an wie er ist, und du bist in
der Beziehung zu ihm augenblicklich frei. Durch dein Gegenüber, durch dein Du
kannst du frei sein. Das Du kann auch eine Sache sein oder eine Arbeit: Erkenne
sie wie sie ist und nimm sie, und auch dich selber in der Beziehung zu ihr,
genauso an wie sie ist und wie du bist, und du bist augenblicklich frei.
Freiheit bedeutet frei sein von Verblendung und Illusion bezüglich der
Wirklichkeit, eine andere Freiheit als diese gibt es nicht. Erkenntnis der
Wirklichkeit ist Freiheit.
Diese Freiheit in die du durch dein Du, im
Grunde durch eine jegliche deiner Wahrnehmungen, gelangen kannst, liegt in dir
verborgen in dem Sinn, als ihre Bedingungen durch eben deine Wahrnehmung, das
heisst, durch dein wertendes Benennen des Erlebens geschaffen werden.
In der Freiheit von aller Illusion bezüglich
des Seins liegt eine grosse Ruhe, liegt die Gestilltheit allen Mangels. Ewigkinder
sprechen vom ‚Seelenfrieden‘, von ‚Gemütsruhe‘, ‚Geistesruhe‘ und ‚Herzenseinigung‘.
Diese Ruhe ist nicht möglich, solange Tod, Leiden und Selbst nicht erkannt und
durchschaut sind. Im erkannten Erleben von Tod, Leiden und Selbst aber, im
eigenen wie im fremden, da liegt die intuitive Erfahrung des Todlosen,
Leidlosen und Selbstlosen. In dieser intuitiven, im eigenen erkannten Erleben
begründeten, also nicht bloss gedanklichen, Einsicht besteht die Freiheit.
Da bist du durch Begriffe, Bilder und Symbole
nicht mehr zu fassen. ‚Da bist du alles und bist nichts und als dieses Kind des
Lichts‘ ist eine poetische Darstellung des Seins in Freiheit, das eigentlich
nicht dargestellt, das in keiner Weise angemessen beschrieben werden kann.
Die Bibel spricht von ‚Gott alles in allen‘. Heutige spirituelle Menschen sprechen davon auch als vom ‚Christusbewusstsein‘ oder von der ‚Buddhanatur‘.
‚Leerheit‘ (sunnata) hat in der Lehre des Buddha stets die Bedeutung von ‚leer
an Ich und Mein‘. Es gibt keine Leerheit ‚an sich‘, sowenig wie es überhaupt
ein ‚Ding an sich‘ gibt.
Die zentrale buddhistische Erkenntnis
besteht in der Einsicht in die anfangslose Bedingtheit allen Werdens. Es gibt
kein Sein an sich, auch kein ‚Ich‘ oder ‚Selbst‘ an sich, keine ‚Ewige Seele‘.
Alles Geschehen ist aus einer unendlichen Vielzahl von Bedingungen
entstandenes Werden und Vergehen, wobei das auf diese Weise vergängliche
Gewordene wiederum Bedingung für neues Werden und Vergehen ist. Das Gesetz von
Ursache und Wirkung, und von Wirkung, die zu neuer Ursache für weitere Wirkung
wird: Wirken (karma) und Erleben,
also karmische Rückwirkung (vipaka),
der Kreislauf des Daseins (samsara).
Kein von diesem bedingten und bedingenden
Geschehen unabhängiges, autonomes, unbedingtes Ich oder Selbst gibt es, das
selbstherrlich und bedingungslos über diesen Prozess des Werdens, Vergehens
und Neuentstehens zu bestimmen und zu verfügen vermöchte.
Leer ist die Welt an einem unbedingten Prinzip,
kernlos, substanzlos. Die gesamte Existenz besteht in einem anfangslosen und
unaufhörlichen Entstehen und Vergehen von materiellen und immateriellen
Phänomenen. Genauso auch verhält es sich mit dem Willen, der die Ursache, die
Bedingung, unseres Wirkens ist: Ist der Wille frei oder unfrei?
Er ist unfrei, insofern er von einem ‚Ich‘
in Besitz genommen und so zu ‚meinem‘ Willen gemacht wird. Dies ist der
karmisch heilsam oder unheilsam wirkende selbstbezogene, selbstsüchtige,
egoistische Wille.
Der Wille kann aber frei sein, insofern er
aus der Leerheit aufsteigt, frei von der Identifikation mit einem „Ich“ und
frei von der Inbesitznahme durch dieses „Ich“ als „mein“.
sunnata
ist ein Synonym zu anatta, der
einzigartigen Nicht-Ich-Lehre des Buddha. Der Buddha lehrte zehn Fesseln, die
uns im leidunterworfenen Erleben festhalten, die erste dieser Fesseln ist die
‚Ich-Ansicht‘ oder der ‚Persönlichkeitsglaube‘.
Die erste und vordringliche Aufgabe der
Praktizierenden besteht daher darin, sich von dieser intellektuellen Fessel zu
befreien, das heisst, sich von der illusionären, wahnhaften und nicht
hilfreichen Ansicht, es gäbe ein solches unbedingtes, unabhängiges Selbst, zu
lösen und an ihrer Stelle sich die wirklichkeitsgemässe, befreiende Anschauung
von der durchgängigen Leerheit und Bedingtheit allen Werdens anzueignen.
Praktizierende, die diesen Schritt erkenntnistheoretisch vollzogen haben, haben damit den sogenannten 'Pfad zum Stromeintritt' betreten.